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Wer keine Lust hat neben dem Studium zu kellnern und vom Trinkgeld zu leben, der versucht meist an einen Bürojob ran zu kommen. Dabei gibt es eine viel spannendere Alternative: Verschiedene Verkehrsbetriebe setzen Studenten als Straßenbahnfahrer für besonders verkehrsreiche Zeiten ein. Der Verdienst ist gut und die Arbeit sehr verantwortungsvoll.

 

Straßenbahnfahren as Nebenjob für Studenten
Straßenbahnfahren ist der etwas andere Nebenjob für Studierende. Bildquelle: SF - 706498963 / Shutterstock.com

 

Viele Studenten müssen oder wollen sich neben der Uni etwas dazuverdienen. Kellnern, Regale einräumen und Nachhilfe sind klassische Studentenjobs. Ein Grund, warum immer mehr junge Menschen neben dem Studium Straßenbahnfahren statt hinterm Tresen zu stehen, ist sicherlich auch die gute Bezahlung. Dreizehn Euro werden beispielsweise bei den Augsburger Verkehrsbetrieben pro Stunde bezahlt. Der lukrative Nebenjob erspart vielen Studierenden die Aufnahme einer Finanzierungshilfe.

Das man als Nebenjob aber auch eine Straßenbahn fahren kann ist vielen unbekannt. Tatsächlich stellen die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) bereits seit 2007 Studierende ein, die Straßenbahnen durch die Straßen der Domstadt steuern. Natürlich bedarf es dafür einer Ausbildung, denn die Verantwortung ist enorm.

Wer Straßenbahnfahrer werden will, durchläuft bei der KVB einen siebenwöchigen Intensivkurs. Dieser besteht aus einem Theorieteil über Fahrzeugtechnik und Streckenkunde. Natürlich gehört auch ein Praxisteil zur Ausbildung, der direkt auf der Schiene stattfindet. Nach diesem Intensivkurs ist man bereits vollausgebildeter Straßenbahnfahrer.

Sonderzüge voller Fußballfans

Studierende stehen anders als Festangestellte nur wenige Stunden in der Woche zur Verfügung, meist an unregelmäßigen Tagen. Deshalb werden sie bei der KVB vor allem an Wochenenden und nachts eingesetzt. Viele Aushilfen werden zum Beispiel an den Fußballwochenenden benötigt, wenn bis zu 40 Sonderzüge unterwegs sind um die Fans ins Stadion zu bringen. Die KVB hat für mehrere Stunden einen erhöhten Fahrerbedarf und die Studenten haben am Samstag frei – die perfekte Einsatzsituation.

Wenn Studenten erfahren, dass sie nebenbei auch als Straßenbahnfahrer jobben können, kommt es meist zunächst zu ungläubigen Blicken. Aber je länger man darüber nachdenkt, desto interessanter wird es für viele. Denn Straßenbahnfahren ist beinahe einfacher als Autofahren. Auf Schienen muss nicht gelenkt werden, stattdessen gibt man lediglich Gas und bremst. Da Straßenbahnen auch im hektischen Innenstadtbereich unterwegs sind, ist vor allem Konzentration gefragt. Häufig übersehen Fußgänger und Autos die Bahnen und es muss außerplanmäßig abgebremst werden. Deshalb sind Radios, Handys, MP3-Player und Co. im Führerstand auch strengstens verboten.

"Mit der Routine stellt sich aber auch ein wenig die Langeweile ein.", gibt Sebastian Kramer zu. Er hat sich vor einem Jahr zum Straßenbahnfahrer schulen lassen und ist seitdem meist auf drei verschiedenen Linien unterwegs. Vor allem auf der Fahrt in die Außenbezirke ist es abends und nachts sehr entspannt. Die Tram fährt häufig nicht mehr auf der Straße, sondern auf abgegrenzten Streckenabschnitten. Es muss also auf weniger mitfließenden Verkehr geachtet werden.

"Nachdem man sich eingewöhnt hat, ist auch das Straßenbahnfahren ein Studentenjob wie jeder andere. Es wird mit der Zeit genauso eintönig wie die Ablage im Büro. Aber immerhin ist man draußen und sieht etwas von der Stadt. Auf jeden Fall besser als jeder Job im Discounter." meint Kramer. Auf Dauer kann er sich den Beruf aus genannten Gründen nicht vorstellen. Dabei gibt es regelmäßig Studenten, die ihre Freude am Bahnfahren entdecken und tatsächlich umschwenken. Nicht jeder lässt das Studium gleich sausen, aber einige werden nach dem Abschluss einfach hauptberufliche Tramfahrer. Auch immer mehr Damen interessieren sich für den außergewöhnlichen Studentenjob.

 

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Immer mehr Frauen im Führerhaus

"Ich war anfangs skeptisch. Nicht der PS-starken Bahn wegen, sondern aufgrund der enormen Verantwortung, die man als Straßenbahnfahrerin trägt.", erklärt Sonja Göbel. "Man muss die ganze Zeit hochkonzentriert sein, weil der Verkehr in der Stadt immer sehr dicht ist. Auch an den Haltestellen muss man stets vorsichtig sein, damit niemand unter die Räder gerät. Nebenbei mal eben eine SMS schreiben ist gar nicht möglich und schon gar nicht erlaubt."

Trotzdem hat Göbel den Schritt gewagt. Im Ausbildungskurs war sie die einzige Frau unter acht Männern. Zwei davon haben die Ausbildung nach wenigen Tagen wieder abgebrochen. Gemeinsam mit den sechs anderen Jungs trägt sie nun Uniform und ist regelmäßig als Tramfahrerin unterwegs. "Manchmal schauen die Fahrgäste an der Haltestelle skeptisch, wenn sie eine Frau am Steuer sehen, vor allem eine so junge. Beschwert hat sich aber noch niemand. Vor allem Männer staunen häufig. Frauen gucken eher anerkennend."

Sebastian Kramer schätzt das Straßenbahnfahren nicht zuletzt deshalb, weil er unterwegs sein eigener Chef ist: "In der Tram hat man seine Ruhe. Ich weiß, was ich zu tun habe und wann ich wo sein muss. Es gibt keinen Vorgesetzten, der ständig etwas von einem will." Natürlich ist aber jeder Fahrer über Funk mit der Leitstelle verbunden.

"Anfangs habe ich noch jeden Kollegen mit Handzeichen gegrüßt, wenn mir eine Bahn entgegenkam.", berichtet Sonja Göbel. "Das hat sich mit der anfänglichen Euphorie gelegt. Man begegnet alle paar Minuten einer neuen Tram, da grüßt man nicht mehr jede. Höchstens noch, wenn man einen bekannten Kollegen zum ersten Mal am Tag sieht."

Verhältnismäßig gute Bezahlung

In Augsburg werden Studierende insbesondere in Zeiten von Verkehrsspitzen eingesetzt, also beispielsweise im Feierabendverkehr. So kann man die Stammbelegschaft entlasten ohne gleich teure Vollzeitstellen schaffen zu müssen. Und so ist der Nebenjob sowohl ein Gewinn für die Studierenden, als auch für die Verkehrsbetriebe.

Wer eine bis zu drei Millionen Euro teure Straßenbahn steuern will, der braucht nicht nur eine gute Auffassungsgabe und Reaktionsgeschwindigkeit, sondern auch ein bisschen Geschick. Denn als Fahrer ist man unterwegs für fast alle Probleme Ansprechpartner. So auch für die klemmenden Türen, die vor allem bei älteren Models fast zum Alltag gehören. Und auch wenn eine Person im Rollstuhl einsteigen will, muss unter Umständen der Bahnführer helfen. "Oft helfen aber auch die Fahrgäste", erzählt Sonja Göbel, die bisher ausschließlich gute Erfahrungen hat. Auch auf den Nachtlinien und mit grölenden Fußball fans.

 

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